Start / Griechenland / Die Mönchsrepublik Heiliger Berg Athos

Die Mönchsrepublik Heiliger Berg Athos

gefangen zwischen alten Bräuchen und Moderne

Mit meinem Freund René war ich einige Tage auf dem Heiligen Berg Athos. Dieser liegt auf einem der drei Finger der griechischen Halbinsel Chalkidikí bei Thessaloniki, im Nordosten Griechenlands. Normalerweise ist der Zugang dort ausschließlich griechisch-orthodoxen Kirchenmitgliedern erlaubt. Doch es dürfen sich täglich auch zehn Nicht-orthdoxe den Pilgern anschließen. Uns war es vergönnt diese autonome Mönchsrepublik zu besuchen.

Bei knackigen Tagestemperaturen weit über 30 Grad sind wir aus Ouranopouli auf einer Fähre zu den Klöstern aufgebrochen. Ohne Fähre ist es nicht möglich in den Staat im Staat einzureisen. Einen offiziellen Grenzübergang an Land gibt es nicht. Früher waren es alte Steinpfade, die die einzelnen Klöster miteinander verbanden, heute Pilgern die Meisten mit Rollkoffer und Taxibussen auf breit angelegten Straßen hin und her. Doch der Reihe nach…

Mit den Bikes fuhren wir früh morgens um 6.30 Uhr vom Komitsa Beach los, wo wir unsere Camper bei Sia’s Strandtaverne abstellen konnten. Der Strand war ein toller Platz. Maren konnte dort allein die vier Tage unserer Männerpilgerreise verbringen. In Ouranopouli ging es für uns zuerst ins Pilgerbüro, um das offizielle Visa (30 Euro) abzuholen. Ohne dem sogenannten „Diamonitirion“ wird der Zutritt verwehrt. Zusätzlich benötigt man ein Fährticket (9,50 Euro) und schon kann es losgehen.

Unser Bestreben war es, von Kloster zu Kloster zu wandern. Das verstanden wir beide zumindest unter dem Begriff „Pilgern“. – Das erste Kloster lag direkt am Ufer und war mittels Bootsanleger erreichbar. Somit war am ersten Tag auf der Aktivitätenseite nur unsere Bikeanfahrt nach Ouranopouli (25 min.) zu verbuchen.

Nach dem Eintritt in die heiligen Klostermauern wurden wir vom Herbergsmönch begrüßt. Dieser weißt den Pilgern in allen Klöstern ihre Zimmer zu und gibt zügig – eher muffelig vorgetragen als vernünftig erklärt – die wichtigsten Regularien bekannt. Damit war für uns nicht immer ganz klar, wann was passiert, wo etwas zu finden ist und was wir dürfen oder auch nicht. Da der orthodoxe julianische Kalender von unserem Gregorianischen abweicht und der Tagesablauf der Mönche sich in Beten, Arbeiten und Schlafen einteilen läßt, beginnt der Tag morgens um 4 Uhr mit dem ersten Gottesdienst. Da die Nächte im Winter viel länger sind, bereits um 2 Uhr, denn die Ruhezeit beläuft sich auf acht Stunden. Der Tag endet zum Sonnenuntergang. Minutiös wird die Uhr des Glockenturms dann auf Mitternacht gestellt. – Kompliziert, ich weiß!

Morgens steht nach der 4-stündigen Liturgie ein weiterer Gang in die Kirche an: Die Andacht zu Ehren des „alten Katholiken“. Alle kirchlichen Rituale geschehen auf Altgriechisch, verstanden haben wir nichts. Doch die alten Gotteshäuser – eingehüllt im Weihrauchnebel, beleuchtet mit wenigen Kerzen und ausgefüllt mit gregorianischen Gesängen – faszinierten uns im täglichen Morgengrauen. Gänsehautmomente waren vorprogrammiert!

Und dann, dann endlich gibt es Frühstück. Zur Mönchsuhrzeit 11 Uhr, was Normalo-Uhrzeit 8 Uhr bedeutet. Das Frühstück kann von „Ich habe noch Hunger!“ bis „Ich bin pappsatt!“ alles beinhalten. Von Wasser, über Ouzo oder Tsipouro bis hin zu Wein gibt es zu dieser Uhrzeit alles. Nett ist, wie alle hurtig schnell Platz nehmen, die Köstlichkeiten auf dem Tisch mit Wohlwollen beäugen und sofort in absoluter Stille anfangen zu Essen. Reden ist verboten! Ein Mönch liest zwölf Minuten lang Texte (auf Altgriechisch) und denen hat man zu lauschen. Die vegetarische Küche hat uns gut geschmeckt, nur ab und an war es ein bisschen wenig. Doch auf einer Pilgerreise sollte die Völlerei ja nicht im Vordergrund stehen.

Unsere zahlreichen Erlebnisse und vielfältigen Einblicke in das Leben als Mönch auf dem Berg Athos sind im Video gut erzählt.


Als Pilger kannst man zu den Tageszeiten machen, was einem gelüstet. Wir sind gewandert. Bei großer Hitze! Zum zweiten Kloster, mit großem Umweg. Eigentlich hätten wir am Meer entlang in 20 Minuten (2,2 km) zum nächsten Kloster laufen können. Da Google Maps diesen Weg nicht auswies und die Beschilderung oft mehr als dürftig ist, sind wir die Fahrstraße entlang einen Umweg von mehr als 15 km gegangen. Zum Glück kam auf halbem Wege ein Busfahrer den Berg hoch, der uns – trotz unserer kurzen Hosen – einlud mitzufahren. Was hatten wir Dusel. Der Weg wollte nämlich nicht enden. Lustig, andere Pilger am Wegesrand hat er stehen lassen. Vielleicht war das erneut unser durchaus spürbarer Deutschland-Bonus. Gefühlt lebte jeder zweite Grieche hier schon einmal in unserer Heimat, wie auch der Busfahrer.

Im zweiten Kloster war alles ganz anders. Hier wurden wir höflich von einem zivilen Mitarbeiter begrüßt, mit den Essenszeiten ausgestattet, in unser von den anderen separiertes Zimmer verfrachtet – und das war‘s. Null Kontakt zu den Mönchen, keine Andacht, keine Kirche, kein gemeinsames Essen, nichts! So konnten wir wenigstens in der Küche an einem Tisch die uns servierten reichhaltigen Mahlzeiten in aller Seelenruhe genießen. Ansonsten waren wir allein und uns selbst überlassen. Wären wir Griechisch-Orthodoxe gewesen, hätte das alles ganz anders ausgesehen.

Auf zum dritten Kloster! – Schon Morgens um 8 Uhr brütende Hitze. Wir stehen an der Bushaltestelle. Die 8 km bergauf in die Hauptstadt Karyes wollten wir nicht erwandern. Der erste Busfahrer nimmt uns wegen der Kurze-Hosen-Thematik gleich mal nicht mit. Junge, hat der uns angepfiffen. Sitzt im klimatisierten Bus und blökt uns an. – Hinterm Bushäuschen haben wir uns umgezogen … und geschwitzt. Das nächste Fahrzeug war ein Mönch im Allrad-Pickup. Angehalten hat er, aber er wollte gnadenlose 10 Euro pro Person, was für ein Wucher. Und dabei gilt auf dem „Heiligen Berg“ für Mönche besitzlos zu leben – aber von uns 20 Euro abzocken. Was für ein Mistkerl! Nach einigen Minuten kommt ein offizielles Fahrzeug mit Orange-farbenem Nummernschild. Dies bedeutet ein griechischer Staatsbediensteter fährt vor. Wir halten ihn an. Sofort lädt er uns zur Fahrt nach Karyes ein und ein sehr interessantes Gespräch entsteht. Unsere Einladung auf einen Kaffee schlägt er aus. Im Gegenteil, alle drei Kaffee gehen auf seine Rechnung. Das ist Griechenland!

Karyes wirkt auf uns wie das echte Mittelalter. Ein hübsches kleines Dorf mit allem was man zum Leben benötigt: Apotheke, Kaffeehaus, Bäcker, eine Taverne, ein Supermarkt und Läden mit religiösen Devotionalien und allerlei Krimskrams. – Den Weg ins Kloster Iviron am Fuße des Berges Athos wurde lang. Erst am späten Nachmittag kamen wir dort an. Diese Klosteranlage hat uns am besten gefallen: Freundliche, aufgeschlossene Mönche hießen uns willkommen, es gab einen frischgebrühten Kaffee, Brot und Feta und wir wurden sofort in unser Zimmer geführt. Hier war die Teilnahme am Gottesdienst für uns erlaubt, und das Abendessen war phantastisch. Die lockere Stimmung war spürbar, man grüßte uns, lächelte uns zu, wir wurden als Menschen gleichen Ranges wahrgenommen. So mancher Mönch suchte sogar das Gespräch mit uns. Dort wären wir gerne noch länger geblieben!

Am vierten Tag unserer Pilgerei ging es zu Fuß zurück nach Karyes und dann mit Bus und Fähre zurück ins normale Leben.

Ob wir Athos erneut besuchen würden? Auf jeden Fall. Denn wir haben noch so viel Interessantes gehört, würden gern den Gipfel auf 2000 Metern erklimmen und die Eremiten im hinteren Teil der Republik besuchen. Dort wo Athos noch so sein soll, wie es vor 100 Jahren mal war. Keine Straßen, keine Autos, kein Strom….

Hier noch einige wichtige Details für den Besuch der Kirchenrepublik:

Über Ralf Hokenmaier

Nach 20 Jahren Selbständigkeit auf zu neuen Ufern. Was mich anspornt? Gemeinsam mit meiner Frau Maren die Möglichkeit zu nutzen Fremdes, Unbekanntes und Neues zu entdecken. Wir sind jetzt keine klassischen Backpacker, nein, wir versuchen nur, mit unserem Reisebudget angenehm und ohne großen Luxus zu reisen. Wo die Reise hingeht? Keine Ahnung, dass entscheiden wir morgen kurzfristig.... :)

Schreibe einen Kommentar