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Opa Theo kommt zu uns

.. oder wollen wir wirklich so ein altes Auto?!

Wir sind so voller Vorfreude auf unser neues Familienmitglied, dass wir auf direktem Weg von Lesbos/Griechenland nach Hause fahren. Wir halten nicht mehr bei Stefan und Petra, die nur 100 km von Patras entfernt auf dem Peleponnes wohnen. Wir halten nicht mehr bei Sylke und Frank in der Toskana, obwohl wir in beiden Fällen fast direkt dran vorbeifahren – wer weiß, wann wir mal wieder so nah sind?!

Wir halten nirgends mehr an, genießen nicht mehr die Orte links und rechts von unserem Weg. Nach einem Jahr geruhsamem Inselleben, haben wir es plötzlich eilig. Heim, heim, den Theo holen. Wir haben keine Vorstellung, was genau uns eigentlich erwartet, nur diese unbändige Vorfreude.

Die Tage vor der Abfahrt fragten wir uns immer wieder .. haben wir das richtig gemacht? Wir kauften blind ein Auto Baujahr 1966! Ist Theo wirklich das richtige Auto für uns? Können wir das überhaupt – Schrauben, Schmieren, ja Fahren? Was ist, wenn was kaputt geht? Wird das Schrauber-Gen bei uns aktiviert oder wären wir überfordert? So fahren wir drei Tage nach Hause, ins Ungewisse.

Es ist Montag, der 30.07.18, spätnachmittag, als wir den betagten LKW bei Heilbronn abholen. Stolz wie Nachbars Lumpi läuft Ralf um das Auto rum. Vorbesitzer Andi gibt uns einige Schnelleinweisungen, wir machen eine erste Fahrt. Was für ein Monster! Laut, schwer, breit, hoch, ein echter Brüllaffe.

Bevor wir aufbrechen um Theo endlich nach Hause, zu uns nach Boll zu holen, gehen wir mit Andi und seiner Familie schnell noch eine Pizza essen.

Während Andi und Frau wehmütig vor Ihrem ehemaligen Wohndomizil stehen und mit den Tränen kämpfen, bekommen wir das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Jetzt ist es endgültig, Theo ist unser und Ralf darf jetzt seine ganz persönliche Jungfernfahrt machen. Wir vereinbaren, dass ich nicht mit ihm zusammenfahre, sondern mit unserem Wohnmobil direkt nach Hause düse. Opa Theo fährt ja max. Speed 75 km/h, da würde ich ja ganz schon hinterher oder voraus trödeln.

Ich fahre los, schnell sind Ralf und Theo im Rückspiegel verschwunden. Ich hänge meine Gedanken nach, bis zur Autobahn sind es etwas mehr als 40 km. Das Gedankenkarussell dreht sich. Ist es richtig, dass ich vorfahre? Wäre es nicht besser mit Ralf zusammen im Konvoi zu fahren? Was ist, wenn was ist? Gerade fahre ich auf die Autobahn als mein Handy klingelt; Ralf ist dran: „Ich bin liegen geblieben. Wo bist du, dreh bitte um.“ Glücklicherweise ist es so eine Auffahrt, die direkt in die Abfahrt mündet und so kann ich, ohne einen größeren Autobahnbogen fahren zu müssen, diese direkt wieder verlassen.

Nur wenige Kilometer zurück steht er an einer Tankstelle. Was war passiert? Ralf: „Er ist einfach ausgegangen, glücklicherweise kam hier rechts die Tankstelle und so konnte ich von der Hauptstraße rollen.“ Zeitgleich mit mir kommt auch Andi angefahren. Er schwankt zwischen Überraschung und schockiert sein, versteht überhaupt nicht, warum Theo jetzt liegen geblieben ist. War doch alles bestens, ist er doch ohne Probleme angesprungen, gleich gefahren .. was will man mehr bei einem Oldtimer, der fast 10 Jahre gestanden ist. Für mich fühlte sich das echt an, ich hatte nicht das Gefühl, dass er uns was vormacht. Ja, er war richtig verzweifelt.

Wir bekommen einen Crashkurs in Motor-/Schadensanalyse. Dieselleitung, Dieselschauglas, Dieselfilter und Entlüftung des Filters. Wie es aussieht war wohl etwas Dreck im Diesel, also das Schauglas wegmachen, den kleinen Filter reinigen und alles wieder zusammensetzen. Noch den großen Dieselfilter entlüften und siehe da: Opa Theo springt ohne Murren an und brummt wieder wie ein Töpfchen. Puh, Glück gehabt – weiter geht die Fahrt, aber diesmal fahre ich vor, Ralf und Theo immer im Rückspiegel.

,Wir haben noch ca. 90 km vor uns, die wir vorsichtshalber aber auf der Landstraße fahren werden. Später wird Ralf sagen, was seine Gedanken waren, als wir von dieser Tankstelle weggefahren sind. „Hoffentlich bleibe ich nicht noch zweimal liegen“.

Selbsterfüllende Prophezeiung oder Eingebung?

Es ist inzwischen weit nach 24 Uhr, während ich eine langgezogene Anhöhe hinauffahre sehe ich wie der Theo immer weiter zurückbleibt, im ersten Moment nichts ungewöhnliches, wird er an solchen Steigungen doch recht langsam .. oben angekommen, warte ich und warte und warte.

OK, da stimmt was nicht, also umdrehen und zurückfahren. Und da steht er, mitten am Anstieg, irgendwo im nirgendwo. Gerade mal 30 km trennen uns von der Tankstelle an der Ralf zum ersten Mal stehen geblieben ist. Und wieder scheinen wir einen Schutzengel bei uns zu haben. Denn der Motor ist aus, und 7,5 Tonnen schiebst du nirgends wohin.

Nur wenige Meter hinter uns ist eine Parkbucht, einige LKWs stehen hier um zu Übernachten und gleich im Einfahrtsbereich ist ein Platz frei, er liegt so geschickt, dass Ralf mit Theo durch sein Eigengewicht rückwärts hineinrollen kann und kommt so zum Stehen, dass seine Schnauze nicht mehr in die Straße ragt. Puh, erstmal Glück gehabt.

Wir beschließen jetzt nichts mehr zu machen, nicht nach einem Fehler zu suchen, sondern parken erstmal unser Wohnmobil. Wir schauen uns an: So .. was machen wir jetzt? Gedanken werden laut: „Darauf habe ich keine Lust.“, „Lass uns den Kauf rückabwickeln.“, „Den geben wir morgen zurück“. So gehen wir, jeder mit seinen eigenen Gedanken, ins Bett. Widererwarten schlafen wir beide sehr schnell auf dem Rastplatz ein.

Es ist noch nicht einmal sechs Uhr morgens als ich recht unsanft von einem begeisterten Ralf geweckt werde. „Aufstehen! Ich habe ihn repariert, er läuft wieder! Auf, wir fahren weiter.“

Was war passiert? Ralf ist aus dem Bett gefallen und hat getan, was Andi gestern Abend getan hat .. und siehe da .. alles ist gut. Na, hoffentlich müssen wir jetzt nicht alle 30 km irgendwas reinigen, langsamer geht wohl nicht mehr.

Die Sonne geht auf, noch haben wir die Straße fast für uns allein. Dieser Teil ist gut ausgebaut, links und rechts Leitplanken, keine Möglichkeit anzuhalten oder in den Grünstreifen zu fahren. Eine Parkbucht kommt in Sicht, erst auf der linken Seite, dann auf der rechten Seite. Der nächste Ort liegt nur wenige Meter weiter, so hangeln wir uns gen Heimat.

Wir sind gerade mal 30 km von unserem letzten unfreiwilligen „Rastplatz“ entfernt, als der Anruf kommt: „Fahr rechts ran, der Motor ist aus, ich lasse ihn ausrollen.“

Und wieder war da der Schutzengel bei Ralf auf der Beifahrerseite. Unser Theo rollt ganz gemächlich um die Kurve, als wäre es seine Bestimmung. Ist hier doch erneut eine Parkbucht.

Wieder, Motorhaube auf, Schauglaus raus, reinigen, einsetzen, Pumpen, Dieselfilter entlüften … nichts, er springt nicht an. Was könnte es diesmal sein? Eventuell kein Diesel mehr? Eigentlich dürfte der nicht ausgegangen sein, die Menge die Andi gestern getankt hat, sollte ausreichend sein. Also wir an die nächste Tanke und 20 Liter Diesel kaufen. Aber auch das ließ Theo nicht anspringen. Wir sind ratlos. Gedankenfetzten schleichen sich ein: Gib ihn zurück! Willst du dir das antun? Was machst du, wenn du irgendwo in Kasachstan stehst?

ABER, wir sind ja ADAC Mitglied, keine 30 Minuten später steht der freundliche Mann in gelb an unserem Auto. Und wie wohl alle Schrauber ist er natürlich total begeistert. Das ist mal ein Auto und die Technik erst. Den kriegt nichts kaputt – Ach, tatsächlich? Und warum stehen wir dann hier?
Wartet mal ab, das bekommen wir hin.

Erstmal prüft er, ob der Diesel Luft zieht, das tut er glücklicherweise nicht, aber in die andere Richtung, Richtung Schauglas da blubbert es so richtig heftig, da zieht das Glas Luft.
Und dann tut er das, was auch wir schon ausprobiert hatten; Schauglas wegmachen, Dichtung prüfen, Schauglas wiedereinsetzen, Dieselfilter entlüften.
Ralf, auf probiere mal ob er anspringt. Nichts passiert! Öh, das war es wohl nicht, oder?

Und nochmal bekommen wir einen Crash-Kurs in Dieselschauglas reinigen. Das ist gar nicht so einfach wie wir dachten. Denn auch wir hatten alles richtig gemacht, nur diese klitzekleine Dichtung am Glas, die sitzt manchmal einfach nicht richtig und wenn Sie das nicht tut, dann zieht der Motor locker, flockig Luft mit in den Filter und dann?! Ja dann mag er einfach nicht anspringen.

Jetzt waren wir aber erleichtert, denn der Herr vom ADAC hat es auf Anhieb auch nicht hinbekommen. Aber beim zweiten Versuch saß die Dichtung richtig und Opa Theo ist ohne Murren angesprungen, ja, der Motor schnurrt, als wäre nichts gewesen.

Wir fahren die letzten 30 Kilometer ohne Probleme nach Hause. Und so sollte es bleiben. Er fährt und fährt und fährt. Wo immer wir ankommen ernten wir hochgereckte Daumen und strahlende Augen. Jetzt beginnt der nächste Schritt für uns – der Ausbau.

Über Maren Huber

Mein Mann Ralf und ich haben im Juni 2017 unsere Firma verkauft und sind ins Wohnmobil gezogen. Erstes Ziel war die Insel Lesbos um eine Auszeit zu machen um dann die Europa und die Welt zu erkunden. Ich freue mich auf alle, die uns auf dieser spannende Reise begleiten.

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