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Lange nichts mehr gebloggt….

…das war einer meiner Gedanken die letzten Tage. Turbulente, nein außergewöhnliche Wochen liegen hinter uns. Nach dem Kauf von unserem Mercedes 911 Kurzhauber sollte eigentlich der Innenausbau der Wohnkabine ruckzuck erledigt werden. Doch erst warteten wir drei Wochen auf den empfohlenen Dekra-Prüfer für historische Fahrzeuge und dann waren wir ein wenig lax unterwegs, um all die Ausbauteile zu bestellen. Es muss ja alles rein in den Opa Theo. Neben dem kompletten Möbelbau dreht es sich hierbei um die Stromversorgung mit einer Solarunterstützung, der Wasserversorgung für Dusche und Wasch-/Spülbecken, die Gasversorgung für den Herd, der Trockentoilette einer Dieselstandheizung für kalte Tage und vieles, vieles Meer. Vorbereitet hatten wir alles recht zügig und dank Marens PC-Affinität akribisch genau gezeichnet und in Listen aufbereitet.

Innenraumplanung für unseren Kurzhauber Opa Theo

So richtig begonnen haben wir dann Anfang September. Waren wir doch zu diesem Moment bereits 2 Monate wieder in Deutschland. Die ersten Wochen in Bad Boll waren von vielen Besuchen bei Freunden und der Familie geprägt. Das hat uns viel Kurzweil bereitet. Auch wenn wir sofort feststellten, dass das „alte Leben“ keinen Reiz auf uns beide mehr ausübt. Wir wollten echt weiter. Weiterfahren, mehr von der Welt sehen, „magische Momente“ erleben. Solche, wie wir sie im letzten Jahr in Israel, Jordanien, Vietnam, Kambodscha und Griechenland oft erlebt hatten.

Doch dann kam alles ganz anders.

Durch den Tod von unserer Tochter Roxanne wurde unser schöner Plan bis spätestens Anfang November mit Opa Theo gen Marokko zu fahren für null und nichtig erklärt. Wie versteinert saß ich an so manchen Tagen vor unserem schönen LKW. Fragte mich so manches Mal, was wohl als Nächstes kommen mag. Ich hatte die ersten Tage für überhaupt nichts Lust. Oft dachte ich mir, wir verkaufen alles. Unser altes Wohnmobil (unser zuhause, in dem wir seit 18 Monaten leben), Opa Theo, die eben erst gekaufte Wohnung von Roxanne und dann gehen wir zurück nach Lesbos. Auf die Insel, die ein Jahr unser zuhause war. Rückzug, einfach Rückzug von allem. Den schrecklichen Stunden in Trauer.  All die Probleme und Aufgaben, welche auf einen zukommen, wenn ein so junger Mensch auf diese Art und Weise aus dem Leben gerissen wird.

Das Grab unserer Tochter Roxanne nach der Trauerfeier

Heute sitze ich mit Maren im mollig warmen Wohnmobil in Italien. Unser geliebter Opa Theo steht winterfest in Bad Boll und wartet auf unsere Rückkehr im Frühjahr 2019. Dann werden wir mit Hochdruck den Innenausbau fertigstellen. Mein Plan ist den Frühsommer in Frankreich und Spanien zu genießen. Im Sommer irgendwo in Spanien-Portugal eine ruhige Ecke finden, um dann im Winter rüber nach Marokko zu fahren. Ob es dann auch noch auf die Kanaren geht oder nicht, werden wir sehen….das dauert ja noch eine ganze Weile und eins haben mir die letzten Wochen gezeigt, plane nicht zu viel, sondern LEBE!

Das Leben geht weiter

Seit 14 Tagen sind wir nun in Italien unterwegs. Unsere alte Liebe – ITALIEN. Hier können wir es uns nach wie vor gut vorstellen zu leben. Den Lebensabend zu verbringen hört sich jetzt mit 50 irgendwie seltsam an. Doch wir lieben beide dieses Land. Läuft es mir doch stets heiß und kalt den Rücken runter, wenn ich italienische Musik höre (LIGABUE!!). Ich bekomme echt Tränen in die Augen, wenn ich meine alte Zielcollage mit „dem perfekten Haus“ anschaue. Mir gefällt die Sprache, und, ganz wichtig die italienische Küche, und viele Ecken in diesem Land haben Spuren bei mir hinterlassen.

Italienisches Frühstück: Caffé e brioche

Die ersten zwei Wochen zeigten sich wettertechnisch von der besten Seite. Es war mild, ok in Sulden auf 2000 Meter war es knackig kalt und es gab schon ordentlich viel Schnee. Doch am Gardasee konnten wir locker im Pullover draußen sitzen. Sulden war also unsere erste Station. Bei Nachttemperaturen bis zu -9 Grad konnten wir tagsüber tolle kleine Wanderungen im Suldnertal erleben. Das MessnerMountainMuseum wurde von uns aufgesucht. Dies steht in Bezug zum ewigen Eis. Viele eindrucksvolle Bilder, das imposante Geräusch einer abgehenden Lawine und die Dokumentation von der Südpolexpediton von Arved Fuchs und Reinhold Messner konnten wir bestaunen. Zu Fuß zum Südpol. Weit über 2800 Kilometer bei bis zu 40 Grad MINUS in 92 Tagen. Sehr eindrucksvoll. Wir konnten Sulden in der Winter-Vorsaison genießen. Waren doch außer einigen Skinationalteams null Touris hier vor Ort. Absolute Stille in dieser sehr spektakulären Gebirgslandschaft, das hat uns beiden sehr gut gefallen.

Blick auf die Kirche von Sulden und den Gletscher des Ortler

Die nächsten Tage gab es das volle Kontrastprogramm. Weihnachtsmarkt in Meran. Das hört sich nicht nur nach vollen Touristenbussen an, nein samstags war dem auch so. Zum Glück war es unter der Woche richtig ruhig. So waren wir ein wenig in weihnachtlicher Stimmung. Wie immer in Italien freue ich mich leckere kulinarische Speisen zu kochen. Neben Speckknödel gab es in den Südtiroler Tagen Risotto und, logisch, leckeren Käse, Kaminwurzen und Vinschgerl. War doch donnerstags Wochenmarkt und der wurde von uns essenstechnisch auf Herz und Nieren geprüft. Der Kühlschrank war daraufhin zum Bersten voll.

Wir besuchten noch Dorf Tirol, das interessante Frauen-Museum, die schönen Laubengänge in Merans Innenstadt und die Meraner Kellerei. Alles zu Fuß wohlgemerkt.

Dann ging es über den Gampenpass, Madonna di Campiglio zum Ledrosee. Die beeindruckenden „fast-4000er“- Berge waren alle schneebedeckt. Und der Wettergott meinte es gut mit uns. Vesperpause vor einer solchen Kulisse im Freien, ja, das ist einfach nur geil. Ortler, Brentagruppe und die Adamellogruppe, alle Bergketten waren sichtbar und zum Greifen nah.

Brentagruppe kurz vor Madonna die Campiglio

Über den Gardasse fuhren wir ins Soave-Gebiet. Ein Weinanbaugebiet oberhalb von Vizenca. Hier haben wir einen vorbildlichen „Area Sosta di Camper“ vorgefunden. Der Strom kostet und der Rest war „for free“. Neben einer Olivenölmühle umrahmt von Weinbergen blieben wir dort zwei Tage. Wanderungen waren angesagt. Hier haben es uns die alten Herrschaftsvillen angetan. Große Gärten, alte Gemäuer und, was uns sofort auffiel, fast alle in sehr gutem Zustand. Hier wohnen viele alteingesessene Familien in ihren alten Anwesen.

Padua war unser nächstes Ziel. Zickt doch seit einer Woche unsere Luftfederung am Wohnmobil. Mal wieder so eine technische Raffinesse, an der man selbst nichts reparieren kann. Wie sich herausstellt ist ein Luftbalg eingerissen und wird auf Garantie ausgewechselt. Das wird nächstes Jahr in Deutschland bei der Firma Goldschmitt noch für Gesprächsbedarf sorgen. Die Tage genossen wir in den Eugenäischen Hügeln, Colli Euganei auf Italienisch. Das ist eine kleine Hügellandschaft vulkanischen Ursprungs. Vergleichbar mit dem Hegau bei Singen im Süden Deutschlands. Vor 10 Jahren haben wir hier unseren Sommerurlaub genossen. Die Landschaft, die kleinen Vulkanhügel, die Weinberge und der unglaubliche Blick Richtung Alpen, auch diese Ecke Italiens mögen wir sehr.

Castello Rossena (gegenüber von Castello Canossa) mit Blick in die schneebedeckten Alpen

Durch die Emilia Romana ging es flott Richtung Apennin. Hier sind wir nun seit 3 Tagen im nahen Umkreis zu Canossa. Der Gang nach Canossa. Das war hier. 1077. Heinrich der IV. kniete hier vier Tage vor den Toren Papst Gregor’s um wieder in die Kirche aufgenommen zu werden. Ohne Kirchenzugehörigkeit hätte er damals sein ganzes Königreich verloren. Da kann man schon mal einen Gang nach Canossa antreten. Ersteckte sich das Königreich doch bis runter nach Sizilien. Da ging es ja um was. Die Gegend erinnert uns ans Allgäu. Im Hintergrund die hohen Schneeberge des Apennins und davor sattgrüne Hügellandschaften. Die Heimat des Parmesankäses. Reiht sich doch hier eine Molkerei an die andere.

Und jetzt?
Wir wollen nun in Richtung Toskana und fahren ohne große Planung weiter – wie bisher.

Über Ralf Hokenmaier

Nach 20 Jahren Selbständigkeit auf zu neuen Ufern. Was mich anspornt? Gemeinsam mit meiner Frau Maren die Möglichkeit zu nutzen Fremdes, Unbekanntes und Neues zu entdecken. Wir sind jetzt keine klassischen Backpacker, nein, wir versuchen nur, mit unserem Reisebudget angenehm und ohne großen Luxus zu reisen. Wo die Reise hingeht? Keine Ahnung, dass entscheiden wir morgen kurzfristig.... :)

Ein Kommentar

  1. Sarah Rentschler-Gerloff

    Eure Berichte sind immer klasse und ehrlich ich beneide euch beide. Das Leben ist oft mit vielen Herausforderungen gespickt, davon kann ich selbst viel berichten. Daher ist euer Motto „Lebe einfach“ goldrichtig.
    Auf jeden Fall habt ihr mich mit euren Gedanken, Berichten und eurer Freiheit angesteckt.

    Ich wünsch euch beiden einen tollen Rutsch ins neue Jahr und nich viele Erlebnisse auf eurer Reise.
    Viele Grüße
    Sarah

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